Bob Dylan und die "White Horse Tavern"
Von Peter Lachnit

Er war ein typisches Landei,
dieser Robert Allen Zimmerman.
Am 29. Mai 1941
in Duluth, Minnesota, als erster
Sohn von Abraham Zimmerman
und dessen Frau Beatrice geboren,
waren sie Nachfahren deutscher,
türkisch-kirgisisch und ukrainischjüdischer
Immigranten, die 1905
aus Odessa in die Vereinigten
Staaten kamen. Der junge Robert
war seit seiner Jugend musikbegeistert
und hörte vor allem Hank
Williams, Little Richard, Chuck
Berry und Buddy Holly. Aber
auch Literatur interessierte ihn
sehr. Bald wurde sein musikalisches
Talent erkannt und auch
gefördert. Vorerst lernte er unter
Anleitung eines Cousins Klavier,
wechselte aber schon bald zur
akustischen und später zur elektrischen
Gitarre. Ja, schön und
gut. Die Familiengeschichte eines
jungen Mannes mit musikalischem
Talent. Deren gibt es viele auf
der Welt. Robert A. Zimmerman,
Nobelpreisträger, White Horse
Tavern, New Yorker Spelunke.
Von wem sprechen wir eigentlich
wirklich und was hat das alles
miteinander zu tun? Also, wir
sprechen von Bob Dylan und seinen
Anfängen in New York. 1959
verließ Dylan also nach eigenen
Worten die „Wildnis“ und ging
an die University of Minnesota
in St. Paul, schrieb sich in einem
Kunststudiengang mit Hauptfach
Musik ein. Kurse belegte er nie,
lernte aber Pete Seeger, The Kingston
Trio und Woody Guthrie kennen.
Auftritte wurden ihm immer
wichtiger und er traf zu dieser
Zeit eine Entscheidung. Statt als
Bobby Zimmerman trat er fortan
mit dem Künstlernamen Bob Dylan
auf. Warum er diesen Namen
wählte, darauf gibt er bis heute
immer wieder verschiede Versionen
an. Aber die doch wahrscheinlichste
dürfte die sein, dass sich
der Name an den walisischen
Dichter Dylan Thomas anlehnt,
den er bewunderte und von dem
er einige Bücher besaß. Und da
kommt auch schon eine Überleitung
zur White Horse Tavern.
Aufgrund der Nähe zu den Docks
hatte sich dieser authentische Pub,
1880 eröffnet, als Treffpunkt von
Hafenarbeitern, Gewerkschaftern
und Gründern des liberalen Blattes
„Village Voice“ etabliert. Später
mauserte es sich zu einem Literaten-
und Musikerclub. Der bekannteste
Literat, der die White
Horse Tavern berühmt-berüchtigt
machte, war eben Dylan Thomas.
Der trinkfeste walisische Dichter
kam täglich zweimal ins Lokal,
labte sich an billigem Fusel und
frönte Gespräche mit gleichgesinnten
Literaten. In einer Novembernacht
1953 nahm der erst
39-jährige Poet hier seinen letzten
Drink zu sich. Nach 18 Whiskey
auf ex hinuntergekippt brach er
am Bürgersteig zusammen, fiel
ins Koma und starb im nahegelegen
St. Vincent Hospital. Den
jungen Bob Dylan zog es 1961
nach New York und in Greenwich
Village konnte er kostengünstig
logieren, das Viertel war zu dieser
Zeit Anlaufpunkt für Hungerkünstler.
Da die White Horse Tavern
in Gehweite lag, war es naheliegend,
dass Bob Dylan ebenso
wie Dylan Thomas bald Stammgast
war, ohne sich Alkoholexzessen
hinzugeben. Obwohl, die
Kehlen vieler bekannter Namen
blieben in diesem Pub nie ganz
trocken. So waren etwa James
Baldwin, Norman Mailer oder Allen
Ginsberg Stammgäste. Auch
Jim Morrison, Mary Travers von
„Peter, Paul and Mary“ und die
Clancy Brothers hatten hier viel
Spaß. Und ja, der junge Bob Dylan
bemühte sein Musikinstrument an
vielen Abenden für ein Trinkgeld.
Wie man nun weiß, spielte das
Landei aus Minnesota in den folgenden
Jahren und Jahrzehnten
nicht mehr für einen Apfel und
ein Ei. 1963 ging Dylan auf seine
erste große Tournee durch die
Vereinigten Staaten, als Gastsänger
von der damals bereits bekannten
Joan Baez, mit der er dann auch
eine Liebesbeziehung hatte. Bob
Dylan sollte Mitte der 60er Jahre
mit nicht einmal 25 Jahren zur
Symbolfigur der amerikanischen
Bürgerrechtsbewegung werden,
obwohl er sich selbst nicht gerne
als Leitfigur sah und eine Vereinnahmung
ablehnte. Daher wechselte
er in den kommenden Jahrzehnten
auch oft seine Stilrichtung.
Am 13. Oktober 2016 gab die
Schwedische Akademie ihre Entscheidung
bekannt, Bob Dylan
als erstem Singer/Songwriter und
Dichter den Nobelpreis für Literatur
„für seine poetischen Neuschöpfungen
in der großen amerikanischen
Songtradition“ zu verleihen.
Das Rolling Stone Magazin
reiht Bob Dylan auf Rang zwei
der hundert größten Musiker, auf
Rang sieben der hundert besten
Sänger und auf Rang eins der
hundert besten