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„Dahoam“ is besser als „Woanders“

Ringsgwandl legt sein 13. Album vor


Von Thomas Steierhoffer



Er ist ruhiger, wahrscheinlich

auch (noch) klüger geworden.

Mit „Woanders“ legt

Ringsgwandl dieser Tage sein 13.

Album vor, ein neues Meisterwerk!

Gerade einmal gut 41 Minuten

allerfeinster akustischer

Sound ist vereint auf dieser Platte.

Im Wohnzimmer wurde sie aufgenommen

und klingt doch wie

vom Himmel der bayerischen Berge

direkt zu uns herabgeworfen.

Der Doktor kehrt zurück zu den

Wurzeln seiner Musik und seiner

Inspiration: Bob Dylan und Jimi

Hendrix. Und wie er das macht,

treibt dem Hörer die pure Gänsehaut

über den Rücken. Denn seine

Texte behandeln wie eh und je

die ganz großen Themen, ohne

sie plakativ vor sich her zu tragen.

Es geht um die Frau, die ausbrechen

muss aus ihrem dörflichen

Alltag, der eigentlich ja so wunderschön

ist - in den Augen der

Touristen. Es geht um die Kleinkrimminellen

in heruntergewirtschafteten

Stadtteilen der Metropolen,

es geht um ein Freudenhaus

in Saigon und vor allem darum,

dass es „Dahoam“ doch besser

ist als „Woanders“. Irgendwie

kommt es dem Kenner und Liebhaber

von Ringsgwandls Kunst

vor, als hätte er alles dies schon

gehört in anderer Konstellation,

in anderer Ausführung auf einer

der Vorgängerplatten. So geistert

der „Kneißl“ von „Staffabruck“

ebenso durch den Sound wie der

eigene Vater, der nie Verständnis

zeigte für die Entscheidung seines

Sohnes, den Arztkittel an den Nagel

zu hängen, um auf deutschen

Kleinkunstbühnen seine Peitsche

zu schwingen gegen Borniertheit

und dümmliche Bigotterie. Fein

ziseliert hält Ringsgwandl im Zusammenspiel

mit seinen Musikern

der satten Gesellschaft, die Angst

hat vor Fremden aus Mosambik

und von anderswo den Spiegel

vors Gesicht. So hat er es immer

getan! „Woanders“ ist ein Meilensteinalbum

ohne Hänger und

Langeweile geworden. Irgendwie

ist es auch eine Zusammenfassung

des musikalischen Schaffens dieses

bayerischen „Punk-Qualtingers“.


„It’s democracy...“ - Interview mit Georg Ringsgwandl


PANKE-SPIEFGEL: Herr Dr.

Ringsgwandl, eine große deutsche

Zeitschrift hatte Sie vor vielen

Jahren einen „Punk-Gwaltigen“

genannt. Damals tummelten Sie

sich mit schrägem Outfit aus

Schweißerbrillen, absonderlichen

Kopfbedeckungen, Make-Up und

Raverhosen mit Zwickel-Knie-

Abstand gleich Null auf deutschen

Kleinkunstbühnen. Sie hatten den

„Papst gsehng“ und die „Marion

vom Waschsalong“ getroffen. Jetzt

ist bereits Ihr 13. Album „Woanders“

(Blanko Musik in München)

erschienen. Ihre Texte wirken viel

ruhiger, viel gelassener als noch

vor ein paar Jahren. Musikalisch

kehren Sie zu den Wurzeln von

Blues und Folk zurück. Was ist

aus dem Revolutionär Ringsgwandl

geworden, der einer dekadenten

Gesellschaft quasi als „Kasperl“

gnadenlos den Spiegel vor

die Augen hielt?

Ringsgwandl: Der Ausdruck war

„Punk-Qualtinger“, einer der Begriffe,

mit denen Helmut Schödel

mich damals in der „Zeit“ beschrieben

hat. Zum Revolutionär:

Ich habe ja noch nie mit dem

besserwissenden Finger auf andere

gezeigt, so wie es manche Kabarettisten

tun, ich hab mich selber

karikiert als verzweifelt lächerliche

Figur, die mit der bunten Konsumwelt

kämpft.

PANKE-SPIEFGEL: Wo rangiert

Ihr neues Album auf der

persönlichen Werteskala von 1

bis 13?

Ringsgwandl: Ich glaube, dass

uns dieses Album gelungen ist,

der Band und mir. Ich hab Jahrzehnte

gebraucht, um so musizieren

zu können, besser kriegen

wir es nicht hin. Eigentlich könnte

ich jetzt sterben.

PANKE-SPIEFGEL: Warum haben

Sie sich diesmal für den rein

akustischen Sound in Wohnzimmeratmosphäre

entschieden und

nicht für die klassische Studio-

Produktion?

Ringsgwandl: Ich glaube, das ist

eine der schönsten Arten, Musik

zu machen. Recht viel besser

kriegt man den Klangreichtum

der akustischen Instrumente und

den schwarzen Groove nicht zusammen.

PANKE-SPIEFGEL: In ihrer

Musik und in Ihren Texten glaubt

der Hörer immer wieder Bob Dylan

und auch Jimi Hendrix zu erkennen.

Woher kommt Ihre Affinität

zu diesen beiden außergewöhnlichen

Musikern?

Ringsgwandl: Es klingen noch

ein paar andere durch: Paul Simon,

Talking Heads, Beatles natürlich,

Neil Young, Punch Brothers u.a.;

ich hab versucht, das Songschreiben

von den Besten zu lernen.

PANKE-SPIEFGEL: Haben Sie

es jemals bereut, vor vielen Jahren

den weißen Arztkittel des Kardiologen

an den Nagel gehängt

und auf die Bühne oder ins Studio

gegangen zu sein?

Ringsgwandl: In 23 Jahren zusammen

genommen einen Tag.

PANKE-SPIEFGEL: Es gab mal

eine Tournee, auf der Sie mit einem

„dänischen Rumpfblasorchester“

die Schönheiten Dänemarks

und seine Langeweile gleichermaßen

verspotteten. Was sagen

Sie den unmittelbaren Nachbarn

der Dänen in Mecklenburg-

Vorpommern angesichts von 21

Prozent Stimmenanteil für die

rechtspopulistische AfD bei den

Landtagswahlen?

Ringsgwandl: Ich bin der Letzte,

der den Meckpomms was sagen

wird. Die wissen entweder, was

sie tun, und wenn nicht, müssen

wir auch damit leben. It's democracy...

PANKE-SPIEFGEL: Was sind

Ihre Pläne für die nähere Zukunft?

Was darf die Fan-Gemeinde noch

von Ihnen erwarten?

Ringsgwandl: Wir spielen jetzt

eine Reihe von gediegenen Konzerten,

wie daheim im Wohnzimmer,

und dann setze ich mich an

ein Buch.


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