Der Kapitän ist von Bord gegangen - Zum Tod von Edgar Froese
Von Thomas Steierhoffer

Wie jeden Samstag saßen
mein bester Freund und
ich vor seinem Grundig-
Empfänger in Greifswald und
hofften auf ein Hochdruckgebiet.
Denn nur bei hohem Luftdruck
konnten wir RIAS Berlin und seinen
„Treffpunkt“ empfangen. An
jenem Samstag im Winter 1981
hatten wir Glück. Der DJ kündigte
an, dass die West-Berliner Elektronik-
Pioniere um ihren Meister
und Kapitän Edgar Froese, Tangerine
Dream“, in der Rostocker
Sport- und Kongresshalle ein zusätzliches
Konzert in der DDR
geben würden. Wir konnten es
kaum fassen, denn das berühmte
Konzert im Berliner „Palast der
Republik“ war für uns unerreicht
geblieben. Und so entschloss ich
mich, an die Rostocker FDJ-Leitung
zu schreiben mit der Bitte,
mir „für acht verdienstvolle Jugendfreunde
und engagierte FDJMitglieder“
Karten an der Abendkasse
zurückzulegen. Wochen später
kam die positive Antwort. Wir
waren erneut sprachlos, denn das
hatten wir uns nicht im Traum
ausgemalt. Und so machten wir
uns auf nach Rostock. Voller Vorfreude
auf ein Konzert mit unseren
Helden, deren Platten wir alle
kannten, schließlich waren wir
aktiv in der illegalen Plattenszene
von Greifswald, in der es alles,
wirklich alles gab. Natürlich im
Untergrund und „tierisch verboten“.
Die Abendkasse und die
Rostocker FDJ
An der Abenkasse kaufte ich die
acht Karten, von denen ich nur
zwei benötigte, für mich selbst
und meinen Freund. Vor der Halle
lungerten die Fans aus der ganzen
DDR herum und versuchten auf
dem Schwarzmarkt, an Tickets
zu gelangen. Die Preise begannen
ab 300 Mark der DDR. In einer
Unterführung traf ich eine Gruppe
„Hirschbeutelträger“ aus Dresden.
Denen verkaufte ich die restlichen
sechs Karten für je 50 Mark. Die
waren glücklich! Dann ging es
los, es war die „Tangram“-Tour.
Wie im Rausch lauschten wir den
sphärischen Klängen und dem
monotonen Klatschen der Synthesizer
und hatten Tränen in den
Augen. Denn so nahe sollten wir
Edgar Froese und seiner Band
niemals wieder kommen. Jetzt ist
der Kapitän endgültig von Bord
gegangen.