Die besten Alben aller Zeiten - Platz 29: „Staffabruck“

Ich verneige mich vor Ringsgwandl. Er ist ein
Licht in der Dunkelheit der dümmlichen Einfältigkeit
und von daher sehr modern. Für
„Staffabruck“ (P) 1993 wird Ringsgwandl in
den Himmel der ewigen Musik einfahren! Für
den Opener des Albums - „Kneißl“ - spreche
ich ihn als Erzbischof o. G. sowie als Oberrabbiner
zu Zepernick-Berlin schon heute HEILIG!
Dr. Georg Ringsgwandl, vormals Kardiologe
am Kreiskrankenhaus Garmisch, lässt hier erstmals
die Maske fallen: Staffabruck ist der Ort
seiner Kindheit, den der Barde in elf ergreifenden
Song-Kapiteln skizziert. Da gibt es die traurige
Geschichte vom Schwarzen Mann auf dem
Wohnzimmersofa, die melancholische Lebensbeichte
an die liebe Inge und den ewigen
Traum vom Glück im Mercedes. „Geschrieben
zwischen 1974 und 1986, ist Staffabruck das
nur mit der Gitarre verzierte Biographiebücherl
des Herrn Doktors - und eine anrührende
Reise ins Ich“, betonte die Musikzeitschrift
„Audio“ seinerzeit.
Auf dem Cover: ein Kinderphoto. Es zeigt den
jungen Ringsgwandl im Vorschulalter, die jüngere
Schwester an der Hand, im Garten hinterm
Haus. Aber dieser Frieden täuscht: Das Album
beginnt mit einer Hinrichtung und endet mit
einer Todesanzeige. Die berichtet vom Sterben
der Oma, die ihren „Schorschi“ doch so gern
nochmal gesehen hätte. Doch dann kam der
Tod, zwei Tage bevor er „von weit hoam
kumma is“. Der Todesspruch im Opener
„Kneißl“ ergeht gegen Matthias Kneißl, jenem
bayerischen Räuber und Volkshelden, der am
21. Februar 1902 kurz nach 7 Uhr morgens
mit der Guillotine hingerichtet wurde.
Ein nachdenkliches, ein autobiographisches
Album, ein intimes Meisterwerk mit Tiefgang.
„Das ist die schöne Gewissheit, dass aus Staffabruck
oder von irgendeiner anderen Angerwiese
dann und wann ein Bob Dylan zu uns
kommt“, schrieb „Die Zeit“. ts.