Die besten Alben aller Zeiten - Platz 44: „What’s going on“

Der Eigentümer der Plattenfirma „Tamla Motown“,
Berry Gordy, soll entsetzt gewesen
sein, als ihm das Konzeptalbum „What’s going
on“ von Marvin Gaye zum ersten Mal an die
Ohren drang. Offensichtlich befürchtete er, die
Platte werde floppen. Er konnte sich nicht vorstellen,
dass auch nur hundert Kunden diese
amorphe Musik ohne Melodien und mit sich
nicht unmittelbar erschließenden Texten kaufen
würden. Doch da lag der Geschäftsmann gründlich
falsch. Marvin Gayes Meisterwerk avancierte nicht
nur zum Bestseller des Labels, nein, es wurde zu
einem Meilenstein des amerikanischen und zumal
schwarzen Souls. Gaye hatte der Militanz der
„Black-Power-Bewegung“ etwas entgegengesetzt,
das es so bislang nicht gab: Selbstbewusstsein
des schwarzen Mannes.
Wegen der musikalischen Arrangements unter
Verwendung von Elementen aus Jazz und Klassik
sowie der Texte zum Umweltschutz, zur Korruption,
zum Drogenmissbrauch und zum Vietnamkrieg
unterschied sich das Album von 1971 grundlegend
von anderen Produktionen des Genres. Der Musiker
verarbeitete sein Entsetzen über die Berichte
seines Bruders Frankie, der gerade aus dem Vietnamkrieg
zurückgekehrt war, seine Trauer über
den frühen Tod seiner Duettpartnerin Tammi
Terrell und diverse private Probleme. Die Inspiration
kam durch die Musiker Renaldo „Obie“ Benson
und Al Cleveland, die Gaye im Juni 1970 aufmunterten,
ihren neuen Song „What’s going on“ mitzuproduzieren.
Schließlich wurde entschieden, dass
Gaye selbst den Gesangspart übernehmen sollte.
Wegen des enormen Verkaufserfolges entschied
sich Gaye, ein komplettes Album in diesem Stil zu
produzieren.
Lange schon war Gaye kokainabhängig. Mehrfach
drohte er nach Streitigkeiten mit seinem Vater,
sich umzubringen. Am 1. April 1984 wurde Gaye
von seinem Vater im Verlauf eines weiteren Streits
erschossen. Wegen „Totschlags“ wurde dieser zu
einer Bewährungsstrafe verurteilt. ts.