Die Farbe des „Propheten“ - Freundschaft zwischen ehemaligen Feinden: „Der grüne Prinz“
Von Attila Teri

Ich habe lange überlegt, was
ich und ob ich über diesen
Film schreiben sollte, der nicht
nur mein Herz so sehr berührt,
wie auch getroffen hat. Dann stöberte
ich im Internet herum und
las einige deutsche Kritiken. Und
verlor dabei die Fassung, fand
aber aber umso mehr meine Worte.
„Der grüne Prinz“ enthält starke
Szenen und ist doch unpolitisch.
„Israelis und Palästinenser sollen
von uns lernen, dass es eine Möglichkeit
gibt, sich zu vertrauen.“
Das ist leeres Pathos und verrät,
dass der Film vor dem Gazakrieg
gedreht wurde, bei dem 73 Israelis
und 2.143 Palästinenser starben.
„Israel baut weiter Siedlungen,
die Hamas mordet, und Rache
folgt auf Gewalt und Gewalt auf
Rache.“ Das schreibt „Die Zeit“,
um nur einen Artikel herauszugreifen.
Politisch und persönlich
zugleich
Allein diese Beschreibung zeigt
mir, dass meine mehr oder weniger
ehrenvollen Kollegen nicht fähig
sind, sich von ihrem zubetonierten
Klischeedenken zu verabschieden
und vermutlich eines Tages an
ihren krampfhaften Bemühungen,
politisch korrekt zu sein, sterben
werden! Unpolitisch? Ich weiß
nicht, wann ich einen Film gesehen
habe, der so politisch ist, aber es
dennoch schafft, sehr persönlich
zu werden, Intimität zu vermitteln
und den Zuschauer so zu faszinieren,
dass er sich wie ein Teil
des Films fühlt. „Der grüne Prinz“
ist die Geschichte von Mosab
Hassan Yousef, dem Sohn des
Hamas-Mitbegründers Scheich
Hassan Yousef und Gonen Ben
Yitzhak, seinem Führungsoffizier
vom „Shin Bet“, dem Inlandgeheimdienst
Israels. Mosab wurde
nach seiner ersten Verhaftung umgedreht
und arbeitete über 10
Jahre für die Israelis. Unter ständiger
Lebensgefahr rettete er Tausenden
Menschen, ob Israelis oder
Palästinenser, das Leben. Es ist
eine rasante Reise in den Wahnsinn
und zurück, immer wieder und
immer wieder. Und doch ist es
auch ein Zeichen der Hoffnung,
wie auch ein Beweis, dass nicht
alle meschugge sind und der
Mensch sich nicht nur aus dem
verrückten Spiel seiner Gene zusammensetzt.
Wenn er bereit ist,
sich zu hinterfragen, zu reflektieren,
aber vor allem: Vorurteile,
Indoktrinierung und Hass hinter
sich zu lassen. Mosab verlor alles
und gewann alles. Während seine
leibliche Familie ihn verstoßen
hat und umbringen möchte, wurde
ganz Israel seine Familie und will
ihn umarmen. Spätestens, seit dem
seine Geschichte bekannt wurde.
Dem israelischen Regisseur Nadav
Schirman ist ein Meisterwerk gelungen,
der den Zuschauer jede
Sekunde in den Bann zieht.
Ich sah den Film bei der Eröffnung
der „Jüdischen Filmtage“ in München.
Nach der Vorstellung stellte
sich der Regisseur den Fragen
und plauderte aus dem Nähkästchen.
Sein schönstes Erlebnis war
die Premiere in Tel Aviv. Bekanntlich
ist das israelische Publikum
sehr kritisch und neigt
selten zu übermäßigen Gefühlsausbrüchen,
geschweige denn zu
Lobhudeleien. Umso mehr Wert
hatte die Reaktion der Zuschauer:
10 Minuten Standing Ovation. Im
Gegensatz zu den deutschen Kritikern
verstanden sie den Film!
„Der grüne Prinz“ ist ein Zeugnis
über eine tiefe Freundschaft, die
gar unter ehemals bittersten Feinden
wachsen kann. Es ist ein Plädoyer
für die Menschlichkeit, (Eigen)
Verantwortung, Freundschaft
und gegen den Hass, der unsere
Welt in Geiselhaft hält. Keine
Spur von Pathos, aber eine Menge
zum Nachdenken! Prädikat wertvoll!