Johnny Cash - The lost album - Im Nachlass gefunden: „Out among the stars“

Es dürfte gut zwölf Jahre her
sein, als ich plötzlich merkte,
dass ich die Texte von Johnny
Cash verstehe, ohne sie übersetzen
zu müssen. Das Erlebnis
war wie eine Offenbarung, unbeschreiblich
und unvergesslich zugleich.
Bis dahin hatte ich sein
von Rick Rubin produziertes Spätwerk
ob der vielen Coverversionen
rein musikalisch geschätzt, weil
der alte Mann der amerikanischen
Countrymusik zur höchsten Form
seines ganzen Lebens aufgelaufen
war und mit seiner Stimme zahlreichen
Hits das herauskitzelte,
was sie in sich trugen. Allerdings
war ihre Botschaft bislang wegen
ambitionierten Produktionseifers
von zu vielen Effekten und Overdubs
häufig zugemüllt worden. Rubin
und Cash entschlackten das
Material auf eine bislang unbekannte
Art, und Johnny Cash war
plötzlich wieder da! Der Mann,
der an Alkohol-, Tabletten- und
Drogensucht litt und im Rausch
so manchen Straßenkreuzer in den
unergründlichen Weiten von Tennessee,
Arkansas und Texas buchstäblich
in den Sand gesetzt hatte,
der Zeit seines Lebens von seinem
eigenen Vater gedemütigt und -
mit einer Ausnahme - von den
Frauen missverstanden worden war,
stand plötzlich wieder im Fokus
der Freunde einer gepflegten Beatmusik
auf der ganzen Welt. „American
Recordings“ sollten sich bald
zu den allergrößten Erfolgen des
Man in Black gesellen und diese
sogar in den Verkaufszahlen übertreffen.
Und jetzt das: „The lost
album“ vom Anfang der 80er Jahre
ist vor einigen Wochen erschienen
und bietet zwölf bislang unveröffentlichte
Tracks, die es musikalisch
und textlich ebenso aufnehmen
können mit dem Besten, was Johnny
Cash seinem Publikum je geboten
hatte, bevor er seiner großen
Liebe June Carter 2003 ins Himmlische
Jerusalem folgte. Im Nachlass
seines Vaters hatte John Carter
Cash die Mastertapes zu „Out
among the stars“ gefunden. Das
fertig produzierte Album war einfach
vergessen worden! Unglaublich!
Neben den zwölf offiziellen Songs
enthält das Album einen Bonustrack
zu „She used to love me a lot“.
„Tennessee“ wurde bereits 1981
aufgenommen, der Rest dea Albums
1984. Billy Sherill, der ausführende
Produzent war seinerzeit ein Garant
für Hits.
Als Cashs Sohn die Aufnahmen
2012 entdeckte, plante er gemeinsam
mit Sony Music die Veröffentlichung.
Zuvor sollte es eine
Überarbeitung geben. 2013 lud
man dazu Marty Stuart, der bereits
auf den ursprünglichen Aufnahmen
zu hören war und 1984 nicht nur
Schwiegersohn des Man in Black,
sondern auch Mitglied in dessen
Band war, sowie Hochkaräter wie
Jerry Douglas, Sam Bush, Buddy
Miller, John Carter Cashs Ehefrau
Laura Cash und Carlene Carter als
Backgroundsängerinnen ein.
„Out Among The Stars“ zeigt uns
Johnny Cash in großartiger Verfassung.
Die Tatsache, dass nicht
nur zwei Duette mit June Carter,
sondern auch ein Duett mit Waylon
Jennings enthalten sind, unterstreicht,
dass es Johnny Cash auch
in den Achtzigern ernst war mit
seiner Musik. Das „Lost album“
findet heute sicherlich mehr Beachtung
als es zum Zeitpunkt seines
Entstehens gefunden hätte. Freuen
wir uns über neues Material des
Mannes, der nach Überwindung
seiner Süchte nach Israel reiste,
um an einer der Taufstellen Jesu
sein neues Leben mit der zweiten
Taufe im Jordan zu feiern. So, wie
es viele Evangelikale aus den USA
tun. ts.