Klezmer, Klassik, Jazz und Moderne
Von Thomas Steierhoffer

Die Hohe Synagoge zu Krakau
ist heute kein Gotteshaus
mehr. Vielmehr
dient ihr großer Saal mit der herausragenden
Akustik als Ausstellungs-
und vor allem als Konzertraum.
Wer an einem lauen
Sommerabend durch das ehemalige
jüdische Viertel von Krakau
schlendert, vorbei an den ungezählten
Restaurants, die koschere
Speisen anpreisen, wird hier nahezu
hereingezogen. Im Eingang
der Hohen Synagoge verkaufen
junge Leute die Tickets für das
Jascha Lieberman Trio, das hier
in Krakau seine Zelte aufgeschlagen
und seine häufigste Spielstätteals
Stammquartier gefunden hat.
Jascha Lieberman (Geige und
Bratsche), Konrad Ligas (Akkordeon)
und Roman Ślazyk (Kontrabass)
kombinieren in einzigartigen
Arrangements Elemente aus
Klezmer, klassischer Musik, Jazz
und zeitgenössischer Musik. Sie
gaben Konzerte in nahezu allen
europäischen Ländern und in
Nordamerika. Neben den Live-
Auftritten bestreiten die Musiker
regelmäßig Radio- und Fernsehaufnahmen
sowie CD-Produktionen.
Das Repertoire des Trios
umfasst traditionelle Musik der
aschkenasischen Juden, Musik
vom Balkan und eigene Kompositionen
ihres Bandleaders Jascha
Lieberman. Das Jascha Lieberman
Trio nahm in den letzten Jahren
häufig an prestigeträchtigen internationalen
Musikwettbewerben
teil, zusammen mit so bekannten
Musikern wie Zubin Mehta, Mischa
Maisky, Martha Argerich
oder Nigel Kennedy. Die Gruppe
musizierte für Roman Polański,
Ronald Lauder, Shlomo Mintz
Von Thomas Steierhoffer sowie für The London Philharmony
Orchestra.
Jascha Lieberman studierte klasssische
Musik bei zahlreichen berühmten
Lehrern. So war er etwa
Schüler von Giora Feidman und
Leopold Kozłowski; beide sind
Experten auf dem Gebiet der traditionellen
jüdischen Musik. Außerdem
war der Geiger Mitglied
eines von Krzysztof Penderecki
geleiteten Streichquartetts. Jascha
Lieberman nahm an Konzerten
zu Pendereckis 60. Geburtstag in
Mainz und Prag teil. Seine Kammermusik
erklang in berühmten
Konzerthallen wie der Philharmonie
in Berlin, der Kolarac-
Halle in Belgrad oder der Philharmonie
in Prag. Von Star-Regisseur
Steven Spielberg eingeladen,
gab Lieberman in Jerusalem
ein Konzert für die Überlebenden
von „Schindlers Liste“.
Musik für Überlebende
„Das musikalische Können von
Jascha Liebermann ist ganz hervorragend,
nicht nur als Solo-
Geiger!“ So äußerte sich sein Professor
an der Krakauer Musik-
Akademie, Witold Herman, anlässlich
des Erscheinens seiner
neuen CD „The Bats Gallery“.
Lieberman gehöre zu den ganz
wenigen Solo-Geigern weltweit,
denen es fabelhaft gelinge, die
jiddische Musik wiederzubeleben
und mit anderen Stilrichtungen
zu verbinden.
Und so bleibt ein Konzertbesuch
mit dem Jascha Lieberman Trio
in der Hohen Synagoge zu Krakau
ein großartiges Hör- und Kulturerlebnis,
das die Hörer fernab von
Sentimentalität, Kitsch und Nostalgie
in eine von den Nazis fast
ausgerottete Welt entführt.