Leonard Cohen zum 80.
Von Kai Butterweck

Als Leonard Cohen in den
Siebzigern seine ersten
Deutschland-Konzerte gab,
zogen sich hierzulande bei Tausenden
Freunden melancholischer
Singer-Songwriter-Klänge die
Mundwinkel gen Wangenknochen.
Einer von jenen, die den kanadischen
Sänger einst zum ersten Mal
leibhaftig erleben durften, hieß
Misha G. Schoeneberg, ein Berliner,
der sich Jahre später inspiriert vom
Auftreten Cohens an das Schreiben
von Texten für Rio Reiser machte.
Vierzig Jahre später erinnert sich
Schoeneberg immer noch an diesen
einen Abend in Köln, als wäre es
gestern gewesen: „Cohen stand auf
der Bühne wie der Heilige auf dem
Berg“, so der Hauptstädter, der
sich dieser Tage in Form eines Tribute-
Albums beim Maestro aus
Montreal bedankt. Dort geben sich
nationale Topseller wie Nina Hagen,
Peter Maffay und Tim Bendzko
die Klinke in die Hand und vertonen
eine Auswahl von Songs des Kanadiers
erstmals in deutscher Sprache.
Dieser Akt der besonderen
Huldigung kommt nicht von ungefähr,
waren es doch vor allem
Cohens tief melancholische Texte,
die den Sohn eines jüdischen Mittelstands-
Ehepaars Ende der Sechziger
ins internationale Pop-Rampenlicht
katapultierten.
Dabei sorgten Cohens Texte über
das Menschsein und die Liebe
schon lange vor seinem Debütalbum
„Songs From Leonard Cohen“ im
Dezember 1967 für Aufsehen. Die
stetig wachsende Anerkennung in
den kleinen Bars von Montreal, in
denen Cohen seit seiner Teenie-
Zeit in regelmäßigen Abständen
als Gitarre spielender Charmeur
auftrat, sorgte allerdings dafür, dass
die Musik einen mindestens ebenso
wichtigen Stellenwert bekam. So
pendelte Cohen in den folgenden
Jahrzehnten zwischen Lesungspodesten
und Konzertbühnen hin und
her.
Wie kein Zweiter thronte er über
Jahre mit Witz, Leidenschaft und
umgeben von künstlerischer Simplizität
an der Spitze der Frauenflüsterer-
Liga. Egal ob die eigene
Lebensgefährtin, die begehrenswerte
Frau eines Freundes oder
einfach nur die schöne Unbekannte
aus zahllosen Träumen: Sie alle
reisten an Cohens Seite mehrmals
quer über den Erdball und sorgten
für den Stoff, der in melancholische
musikalische Kleinkunst verpackt,
Zigtausenden sich vor Glück und
Leid windenden Jüngern, die
Abendstunden versüßte.
Selbst als in den Achtzigern das
Zeitalter der Digitalisierung Freunden
akustischer Zupfspiele jede
Menge Steine in den Weg legte,
fand Leonard Cohen immer wieder
Schlupflöcher, in denen sich die
Basis seines Schaffens und seinerzeit
Gegenwärtiges zu etwas Überlebensfähigem
vereinten. Er veröffentlichte
sogar zwei seiner bis
heute wohl bekanntesten Vierminüter:
„Hallelujah“ und „First We
Take Manhattan“.
Danach zog sich Leonard Cohen
allerdings zurück. Erst im Jahr
2008 machte der Kanadier, der in
der Zwischenzeit in einem kalifornischen
Zen-Kloster Füße und
Seele baumeln ließ, anlässlich der
Aufnahme in die Rock And Roll
Hall Of Fame wieder von sich reden.
Am 21. September feierte der zweifache
Vater seinen 80. Geburtstag.
Zeit, das Business hinter sich zu
lassen und in Ruhe den Lebensabend
zu genießen? Nicht für Leonard
Cohen. Gerade erschien sein
neues Album „Popular Problems“.