„The bird sings outside my piano“ - Zum Tod von Ray Manzarek
Von Thomas Steierhoffer

Am Pfingstmontag 2013 starb Raymond
Daniel Manzarek
nach langem Kampf gegen
den Krebs. Er war einer der unverwechselbarsten
Keyboarder der
Rockmusik! Allein für sein Intro
zu „Riders On The Storm“ wird er
jetzt bei Jim Morrison im Himmel
sein. Eine ganz tiefe Wunde hat
sein Tod in die internationale Beatgemeinde
gerissen. R.i.p. Ray!
Will man eine Klammer um das
musikalische Schaffen dieses Pianisten
setzen, geht sie sicher mit
„Light My Fire“ vom 1967er Debütalbum
der Doors auf und schließt
sich mit „Riders On The Storm“
von „L. A. Woman“, dem letzten
Album der Band mit Jim Morrison
von 1971. Als Morrison und Manzarek
sich in Kalifornien Mitte der
1960er Jahre trafen, entstand unmittelbar
daraus eine kritische Masse,
die sich in postmoderner Ekstase
entlud. Der Musiker und der Poet
gründeten eine der richtungsweisendsten
Bands in der Geschichte
der Rockmusik. Mit ihren bei „Elektra“
erschienenen sechs Studioalben
begeistern sie bis heute und wurden
damit unsterblich.
Postmoderne Ekstase
Der stilbildende Organist und Mitbegründer
der Doors erlag in einer
Klinik im bayerischen Rosenheim
seinem Krebsleiden an der Galle,
wie sein Manager Tom Vitorino
umgehend bekannt gab.
So war es kein Wunder, dass die
Radio-Frühprogramme von San
Francisco bis Berlin den vielleicht
prägnantesten Orgel-Song der
Doors, „Light My Fire“, rauf und
runter spielten. Gleichwohl von
Gitarrist Robby Krieger geschrieben,
hüpften die Töne von Mazareks
Elektroorgel „Vox Continental“ nirgendwo
so ausgelassen wie hier.
Die tiefen Rhythmus-Töne der
Bass-losen Doors unterstützte Ray
Manzarek beim Liveprogramm, indem
er mit der linken Hand sein
„Fender Rhodes“ Bassklavier bediente.
Der amerikanische Autor Greil
Marcus erinnert in seinem gerade
auf deutsch erschienenen Essayband
„The Doors“ an den „Light-My-
Fire“-Auftritt in der legendären
TV-Show von Ed Sullivan: „Hört
mal, Leute, ich möchte, dass ihr
ein nettes LÄCHELN zeigt, wenn
ihr da raus geht“, sagte Ed Sullivan,
am 17. September 1967, kurz bevor
die Doors vor die Fernsehkameras
treten sollten, um „Light My Fire“
zu spielen. „Es macht keinen Sinn,
finster zu sein. Wisst Ihr, was ich
meine?“ „Aber wir sind eine finstere
Gruppe, Ed“, antwortete Ray Manzarek.
1991 zeichnete der Regisseur
Oliver Stone in seinem Epos „The
Doors“ mit Val Kilmer als Jim
Morrison diese Szene eindrucksvoll
nach. Sullivan zeigte sich schockiert
über die düstere Band und ihren
Frontmann, der trotz seiner Mahnung
die Textpassage „Girl, we
couldn’t get much higher“ direkt
in die Kamera hauchte. Vielleicht
eben deshalb, Paul A. Rothchild
entdeckte die Band und produzierte
mit den Doors das Debütalbum
„The Doors“ in nur wenigen Tagen.
Man kann es heute drehen und
wenden wie man will, die Platte
von 1967 ist heilig und unerreicht.
Nicht, weil sie so großartige Stücke
wie „The End“, „Light My Fire“
oder „Break On Through (To The
Other Side)“ enthält. Nein, dieses
Album spiegelt den Geist jener
Jahre und die Suche der Band nach
Antworten auf die Frage wider:
Was erwartet uns hinter der Tür,
wie geht es zu auf der anderen
Seite des Flusses, den alle Leben
nennen? Ja, wenn Jim und Ray
und John und Robby und die Mädchen
dann die Schlange reiten, sieben
Meilen weit durch die Wüste,
wird unmittelbar klar, warum sie
alle ihre Väter töten und ihre Mütter
lieben müssen! This is the END ...
Doors-Drummer John Densmore
verkündete in einer von der New
York Times kolportierten Rundmail:
„Es gab keinen Tastenmann auf
diesem Planeten, der mehr dazu
geschaffen war, Jim Morrisons Texte
rüberzubringen. Ray, wir waren
musikalisch komplett auf einer
Wellenlänge. Als wären wir ein
und dasselbe Gehirn, haben wir
die Grundierung für Robby geschaffen,
während Jim über all
dem schwebte ...“
Manzarek wurde am 12. Februar
1939 in Chicago geboren. Nach
dem Tod von Jim Morrison am 3.
Juli 1971 nahm er noch zwei Alben
mit den restlichen Doors auf und
beschritt danach solistische Wege.
Jetzt ist es tatsächlich so, dass die
Vögel außerhalb seines Pianos und
vor allem ohne seine Begleitung
singen. Rock on with Jim, Ray!