Zur Erhellung der trüben Nacht - 50 Jahre „Plastic People of the Universe“
Von Matthias Horwath

The Plastic People of the
Universe (PPU) aus Prag
gelten seit ihrer Gründung
vor 50 Jahren, unmittelbar nach
der Niederschlagung des Prager
Frühlings im Sommer 1968, als
einflussreiche Underground-Band.
Statt plakativer Statements überließen
sie viel mehr der Kraft des
Eigensinns das Spannungsfeld.
Unangepasstheit, eine vielseitige
Sprache der Künste sowie ein
spartanisches Konzept der Musik
brachten die Band um den Schriftteller
Ivan Jirous in künstlerische
Reife. Persönlichkeiten wie Milan
Hlavsa formten wechselnde Musiker
um sich, um den Drang nach
Unabhängigkeit leben zu können.
Wurden mit dem kanadischen
Sänger Paul Wilson anfangs noch
vorwiegend US-Cover gespielt,
gerieten bald tschechische Lyrics
in die Zielgerade. Hauptlieferant
wurde dabei Egon Bondy, der
sich nach dem Ende des Kommunismus
als Zuträger der Stasi
outete. Die Band sollte Mitauslöser
zur Gründung der Charta 77 sein.
Heimlich aufgenommene Tapes
wurden mit oder ohne Wissen der
Band ins westliche Ausland gebracht,
vor allem in Kanada und
in Frankreich auf Vinyl veröffentlicht
und weltweit vertrieben.
Die Band tritt national und international
bis heute in Erscheinung,
jüngst mit einem Generationenwechsel
an jungen Musikern.
The Plastic People Of The
Universe NG
im Le Garage Noir
In fast sternenloser Dunkelheit
nimmt JAHWE ein graues
Asphaltband aus der Tasche seines
Gewandes. Mit kindlicher Freude
wickelt er es als Straße wild herum
um die glubschen Bergspitzen
seines Böhmen-Landes. Zur Erhellung
der trüben Nacht bestreut
er es mit einer Prise glitzerndem
Zuckerschnee. Am Ende tief unten
im Tal taufen seine seltsamen
Menschenkinder den hier treibenden
Fluss auf den Namen LABE.
Ihre Behausungen hauen sie in
Stein und bezeichnen sie auf Pergament
als „Civitas Decin“. Nachbarländler
der Böhmen bewegen
ihr Gefährt nun am Neunzehnten
des Januars über die ausgebreiteten
Asphaltbänder der Nacht, gleich
den „PLASTIC PEOPLE OF THE
UNIVERSE NG“. Es läuft auf
einen festen Punkt in Gottes Pergamentenkarte
zu: im „Le Garage
Noir“ Decins gibt es ein Konzert
zum fünfzigsten Jahr der weltberühmten
und doch weithin unbekannten
Kapelle! Eine NEW GENERATION
der alten „Plastic
People of the Universe“ bewegt
sich seit geraumer Zeit wieder
einmal in den Spuren ihrer Väter.
„The Pastic People of the Universe“
spielen seit fast drei Jahrzehnten
auf der ganzen Welt, nachdem
sie über zwei Jahrzehnte lang
offiziell mit den treuen Feinden
der sowjetisch indoktrinierten
Kommunisten unter permanenter
Verfolgung litten, anstatt spielen
zu können. Im Schatten des Übervaters
Vaclav Havel gaben sie
nach dem Abgang der Sowjets
sogar ein Konzert in Bill Clintons
Oval Office in Washington. Ach!
Landesväter und -mütter kommen
und gehen. Die einfachen Plastikmenschen
bleiben. Überall wuseln
Plastikmenschen mit Plastikbeuteln,
Plastikzahnbürsten und
Plastiksex im Kopf, denn das Leben
lebt sich manchmal leicht
und öfters sehr viel schwerer.
Plastikmenschen bleiben in den
Hütten oder trollen sich auf den
Straßen. Die „Plastic People Of
The Universe NG“ halten allen
Plastikleuten mit ihrer Kunst fröhlich
wie cool den Spiegel vor die
Nase, das mit Texten von Christian
Morgenstern, Bruno Schulz, Egon
Bondy und vielen anderen Intellektuellen.
Dabei verzerren sich
im diabolischen Spiegelschein
nicht nur verzückt unsere Gesichter.
Nein, unsere Beine zucken
im HYPNOTISCHEN GROOVE
der Plasticki. Deren neue Generations-
Beteiligung ist keine dreißig,
trägt wie immer lange Haare,
gleich ihrem Herrgott. Sie entzünden
vor dem verzückten Auditorium
ein serielles Feuerwerk
immer gleicher Stücke, die dem
seltsamen Fluch geweiht zu sein
scheinen, niemals alt werden zu
können! So wird es wohl auch
noch künftigen Generationen der
Plasticki auferlegt sein, weiter
aufzuspielen bis an das Ende der
Welten-Tage überhaupt. Erlöst
von diesem Bann des ewigen
Zuckens werden wir Plastikleute
mit den Plastic People im Universum
wohl erst mit dem großen,
apokalyptischen Knall. Hier wickelte
nun JAHWE seine Straßenbänder
wieder auf und steckte
sie in seine Taschen, hinzu zu
den Plänen der schon längst zermahlenen
Häuser. JAHWE riefe
dabei die Menschheit als Geist in
die große Flasche zurück, wohl
verbunden mit einer leise aufkommenden
Frage: Shit, was aber
mache ich jetzt?